Die zuschnappenden Blätter einer Schere

„Visionen 2000, Künstlerische Positionen am Beginn des 21. Jahrhunderts“, Kunstszene Saar, Albert-Weisberger-Museum, St. Ingbert

Wolfram Armbruster

Als seien die räumliche Enthobenheit ihrer Perspektive und der photographisch vermittelte Einschluß ablaufender Zeit die zuschnappenden Blätter einer Schere, schneidet Andrea Neumann die Grundlage ihres Gemäldes aus einer Szene erlebter Alltäglichkeit. Gleichwohl verdichtet sich der festgehaltene Moment nicht einfach zur Symbolik dieser individuellen Vergangenheit, sondern verweist auf die Möglichkeit von deren Archivierung überhaupt. Bemalte Leinwand erhält die Rolle eines verschwenderisch operierenden Speichermediums.

Nicht in Abgrenzung, vielmehr in der interessierten Vergleichung einerseits zu elektronischen Formen der Datenspeicherung andererseits zu Systemen symbolisierten Sinns, erscheint Malerei als Möglichkeit zur Herstellung eines privaten Archivs, dessen Einträge gleichzeitig einen weniger verkürzenden als expansiven und weniger narrativen als feststellenden Charakter haben.

 Übersicht    weiter